Donnerstag, 29. September 2011

Der Beginn im Blog am 26.09.11

Ich hatte die Idee, meine Geschichte aufzuschreiben und mir fiel Chris ein, mit dem ich dienstlich zu tun hatte. Ich kontaktierte ihn per SMS am Nachmittag, und er erklärte sich sofort dazu bereit und so startete ich am Montag, dem 26.09.11 den Blog, allerdings musste ich noch die ganze Geschichte rekonstruieren. Damit  wurde ich nicht so schnell fertig,  ich hatte von Blogs ja keine Ahnung, außerdem hatte ich viel nachzuschreiben und einzuscannen. Ich war etwas gestresst und hatte dann bis zum 28.09.11 ein leichtes Gerüst für den Blog entwickelt, welches ich dann gegen 22.50 fertigstellte  hatte und die Fotos fehlten ebenfalls. Das holte ich dann den nächsten Tag nach.

Nachmessung der Bestrahlungsmaske 26.09.11 15:15

Der Termin wurde nicht abgesagt, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Das hielt ich nicht für ein gutes Omen. Aber die Nachberechnung wurde wohl erforderlich, weil die Physiker beim Gehirn ganz genaue Abmessungen und Berechnungen machen müssen. Auf die Maske kamen noch mehr Aufkleber.

Mittwoch, 28. September 2011

Vorbereitungen 26.09.11

Wir entschieden uns, in ein Zweithaarstudio zu gehen und mich wegen einer Perücke beraten zu lassen. Das ging ziemlich schnell und ich war auch gleich mit der vorgeschlagenen Auswahl einverstanden. Die Mitarbeiterin schrieb sich die Farbe auf und meinte, es würde ca. 2 Tage dauern, wenn sie sie bestellen würde. Ich hatte das sichere Gefühl, etwas gutes für mich getan zu haben. Vielleicht würde ich ja auch gar keine brauchen.

Glückstraum 24.09.11 und der Entschluss zum Blog

Ich wachte wieder mitten in der Nacht auf und fühlte mich plötzlich ruhig. Ich ging nach unten und überlegte, woher das kam, schrieb wieder in das Tagebuch und hatte das Gefühl, alles wird gut und ich möchte alles aufschreiben und dokumentieren. Ich war plötzlich so voller Zuversicht. Ein Glück in solch einer Situation. Ich glaube, meine Freundin Gabi hat mir über Nacht Hoffnung geschickt. Sowas habe ich noch nicht erlebt. Plötzlich war die Angst weg. Von da an wußte ich, es wird alles gut und ich kann wieder gesund werden.

Schlaflose Nacht 23.09.11 am Wochenende

Ich hatte ein furchtbares Wochenende. Wir waren mit den Kindern und meinen Eltern auf dem Erntefest im Nachbardorf und ständig hatte ich das Bedürfnis zu weinen. Meine Schwester kam dann später auch noch nach. Ich hatte das Gefühl, dass die Leute komisch schauten. Wenn ich die Worte in der Erntedank-Predigt richtig edeutet habe, hatte er mich mit eingeschlossen. Er wusste von meinem Mann, dass ich krank bin. Meine Schwester war super traurig bei der Heimfahrt. Ich glaube, die Angst vor der Chemotablette und die Ungwissheit vor den ganzen Nebenwirkungen hat meine ganze Seele kaputt gemacht. Das war nackte Angst. Etwas, was ich bis dahin noch nicht kennen gelernt hatte. In der nächsten Nacht stand ich um 0:14 auf und schrieb das erste Mal etwas ins Tagebuch von Antje.

Anpassung der Bestrahlungsmaske 21.09.11

Die Bestrahlungsmaske besteht aus blauem Kunststoff, dieser wird vorher in einem Bad auf ca. 40 Grad erwärmt und dann auf das Gesicht bis zur Auskühlung gelegt. Danach werden noch einige Markierungen auf der Maske per Klebestreifen angebracht. Für die Masken der Patienten gibt es Aufbewahrungsfächer mit den Namen der Patienten. Mein Handtuch war zu groß für die Maske, beim nächsten Termin wurde ich um ein kleineres Handtuch gebeten. Der Termin dauerte ca. eine halbe Stunde. Hier sieht  man die ersten Patienten und denkt mindestens zum 2. Mal darüber nach, wie viele Leute wohl draußen herum laufen mit der Diagnose:" bösartiger Tumor". Mir selbst sieht man es ja auch nicht gleich an. Es wurde noch gleich ein weiterer Termin vereinbart, um ggf. weitere Anpassungen an der Maske vorzunehmen.

Gespräch Strahlenklinik 20.09.11 10:00 Uhr

Meine Tasche hatte ich zuhause so gepackt, als würde ich so schnell nicht wiederkommen. Ich lief zuhause ziellos herum, hatte oft den Gedanken, hoffentlich siehst Du das alles mal wieder und fürchtete mich vor dem nächsten Klinikaufenthalt. Dann die Fahrt in die Klinik. Die Tasche ließen wir im Auto. Meine Mutter klinkte sich auch in den Termin  mit ein und wartete schon ungeduldig im Foyer des Krankenhauses. Wir wurden in ein kleines Zimmer gerufen und der Dipl. Physiker legte meine ganze Akte auf den Tisch und ging diese kurz mit uns durch.  Dabei fiel uns auf, dass es mittlerweile einen zweiten histologischen Befund vom Tumorreferenzzentrum Bonn vom 22.07.11 gab, der uns aber nicht mitgeteilt wurde. Dazu konnte der Dipl.Physiker nichts sagen. Die Unterlagen wollte er uns am Tag zur Verfügung stellen. Mir war dadurch aber klar, dass es dadurch keine weitere Biopsie mehr geben musste. Eine solche Biopsie machte nach Aussage des Arztes auch nicht so viel Sinn, da ein Tumor verschiedene Grade in seiner Zusammensetzung hat und ob man bei der Biopsie nun gerade die Stelle entnimmt, die man vermutet, ist zu ungewiss. Aber dafür hatten wir ja die histologischen Befunde- also ausreichend Unterlagen  für eine Chemo-Behandlung. Wir baten um Klärung, warum wir nicht informiert wurden. Zwischenzeitlich war auch der Neurologe eingetroffen. und der hatte auch keine Erklärung dafür- außer, dass der Zweitbefund nicht an ihn adressiert war. Es wurde mehrfach angeboten, dass ich mir noch eine Zweitmeinung einholen könnte. Meine Mutter hatte einen Frage-Antwort-Zettel vorbereietet und wurde aus meiner Sicht zu ihrer Zufriedenheit aufgeklärt. Der Dipl. Physiker hatte auch Kenntnis über eine andere Strahlenbehandlung, von der wieder Abstand genommen wurde. Ich saß mal wieder ziemlich unbeteiligt zwischen meinem Mann und meiner Mutter. Ich bin sonst nicht so ein ruhiger Mensch in Gesprächen, meine Freundin Antje bezeichnet mich  als sehr aktiven Part, aber ich konnte kaum dem Gespräch folgen. Am Ende des Gespräches erklärte ich mich bereit zu einer Strahlenbehandlung mit paralleler Chemotherapie über 6 Wochen. Ich bekam gleich den ersten Termin für die Anpassung der Bestrahlungsmaske mit. Am besten fand ich, dass ich wieder mit nach Hause konnte. Es wurde davon ausgegangen, dass ich auch nicht stationär aufgenommen werden muss. Darüber war ich  heilfroh und ich wusste, meinem Mann und den Kinder würde das auch so gehen .Uns gibt es nämlich nur komplett im 4er-Pack.  Das ganze Gespräch dauerte 2 Stunden.

Zweitmeinung 17.09.11

Wie es der Zufall so will, war ein Nachbar einer Tante meines Mannes, aus Sachsen, Neurochirurg und zufällig hier oben in seinem Wochenendhäuschen in Tassenheide. Der Cousin meines Mannes stellte den Kontakt her und meinte, wir sollen mit den Aufnahmen zu ihm fahren und wenn er was machen könnte, dann würde er das schon sagen. Am Sonnabend, den 17.09.11 fuhren wir in aller Frühe los, um die Erkundigungen einzuholen. Es wurde eine sehr unruhige Fahrt.Wir hatten ausgemacht so gegen 10:00 Uhr in Trassenheide anzukommen. Unseren großen Sohn hatten Freunde zur Übernachtung und die wussten Bescheid, dass wir nicht so früh zurückkommen würden. Das war uns eine riesige Hilfe. Der Neurochirurg erwartete uns schon auf seinem Grundstück. Er ging mit uns in seine Unterkunft und warf gleich die CD in seinen Laptop und er sagte nicht: "Ich kann das operieren". Er meinte noch, dass man eventuell noch eine Biopsie machen müßte, um festzustellen, ob man dem Tumor damit noch ein zusätzliches Zielfernrohr bei der Chemo aufsetzen könnte. Er sagte auch, dass man bei ihm auch eine Radiochemotherpie machen würde. Das wichtigste was er sagte war: "Das ist kein Todesurteil".  Das reichte mir fürs erste, um mich in Schwerin sicher zu fühlen. Danach fuhren wir mit dem Kleinen in Trassenheide noch in den Schmetterlingspark. Zurück war es wesentlich ruhiger nur der Kleine hatte keine Lust zu schlafen im Auto.

Neue Diagnose 15.09.11

Am nächsten Morgen wurde die MRT-Aufnahme gemacht, welche zu um 14:00 Uhr mit dem Neurologen ausgewertet werden sollte. Der Neurologe kam erst gegen 16:00 Uhr und zeigte uns neue Aufnahmen. Der Tumor war wieder gewachsen und es war jetzt ein Astrozytom Typ III. Wir wußten, diese neue Diagnose-  bedeutet B Ö S A R T I G.  Der Neurologe erklärte, dass der Tumor ist nicht mehr operabel wäre, weil dann zuviel weg vom Hirn geschnitten werden muss. Der Neurologe wollte sich nächsten Tag bei meinem Mann melden, wegen eines Termins in der Strahlenklinik, denn das ist die nächste Maßnahme bei dieser Diagnose. Wir saßen beide stocksteif da- "Das kann nicht wahr sein" - ein Dejavue vom Feinsten innerhalb von 2 Monaten. Furchtbar, seinen Eltern und Freunden solche Nachrichten weiterzugeben.  Am nächsten Tag nahm ich meinen Mann mit zu dem  Termin bei der Psychologin. Sie sah, dass wir sehr in Sorge waren und wir gingen die gemachten Termine durch ohne zu wissen, ob ich die denn noch wahr nehmen könnte.  Mein Mann ist mit mir zuhause gebleiben. Das war das allerbeste für mich. So konnte er den Termin am 20.09.11 um 10.00 Uhr in der Strahlenklinik mit wahrnehmen.

Neue Beschwerden 10.09.11 nach der OP und wieder Notaufnahme am 14.09.11Klinik

Am 10.09.11 hatte ich erstmals wieder Kopfschmerzen mit Erbrechen.  Am 13.09. wachte ich dann mit Kopfschmerzen auf und nahm gleich eine Schmerztablette. Am nächsten Tag kam mir das ganze schon sehr komisch vor. Ich rief meinen Hausarzt an, der mir mir natürlich den Rat gab, mich in der Klinik neurologisch untersuchen zu lassen. Dort wurde dann wie beim ersten Mal eine CT-Aufnahme gemacht, allerdings war beim MRT kein Platz frei und ich wurde  stationär aufgenommen. Ich  erhielt gleich wieder Cortison und hatte dadurch keine Beschwerden mehr.  Mit meiner Psychologin mußte ich für den nächsten Tag einen Termin verschieben wegen des stationären Aufenthaltes

Dienstag, 27. September 2011

Was bisher geschah!!!

Der 1. Kontakt mit dem Tumor:
Am 29.06.2011 bin ich wegen akuter Kopfschmerzen (welche ich schon seit längerer Zeit in gewissen Abständen hatte) über die Notaufnahme ins Krankenhaus gekommen. Noch am selben Tag wurden bei mir ein CT und anschließend ein MRT vorgenommen.

Die Diagnose:
Am Nachmittag erhielt ich dann die schreckliche Nachricht, dass ich einen Tumor voraussichtlich Astrozytom Grad II habe ( Kontrastmittel wurde nicht im MRT- Bild vom Tumor aufgenommen- das veranlasste zur vorsichtigen positiven Annahme Grad II seitens des Neurologen). Die WELT brach zusammen, aber eigentlich stand ich doch neben mir und dachte: "Das ist keine Aufnahme von Dir!"

Medikamente:
-Cortison gegen die Flüssigkeitsablagerungen, die der Tumor verursacht hatte und die die Kopfschmerzen hervorriefen.(Cortison hat die Angewohnheit, den Körper etwas aufzuschwemmen-Mondgesicht, wenn man es länger nehmen muss.)
-im Bedarfsfall -Novaminsulfon (widerlich als Saft oder "Schnäppschen", wie er in der Klinik liebevoll genannt wurde).

 Die OP:
Ich entschloss mich ziemlich spontan zur OP für den 01.07.2011, da der Neurochirurg, der seit 01.06.11 ganz neu in der Klinik war, das Risiko der OP  auf 1:1000 (vermutlich: übliches OP-Risiko) bezifferte. Als ich mit meinem Mann über die OP sprach, klärten wir auch, was im schlimmsten Fall passieren sollte. Das war eine ziemlich krasse Erfahrung, aber wir haben endlich mal darüber gesprochen. Mit 36 denkt man über so was eigentlich noch nicht so oft nach. Der Gedanke daran, dass er dann mit den Kindern nach Hause gefahren ist und alleine in seiner Trauer zuhause war, hat mir fast das Herz umgedreht. Ich habe mir später immer vorgestellt, wie ich selbst damit umgegangen wäre. Bei der OP klappte alles komplikationslos und ohne irgendwelche Kahlrasur, so wie vorher versprochen. Natürlich sehr schön für eine eitle Frau. Ich war ein bisschen verlangsamt nach der OP. Das haben mir später alle Besucher erzählt. Die Kinder und mein Mann waren jeden Tag da- eine logistische Meisterleistung. Dann die histologische Meldung 4 Tage später, dass es sich wirklich um einen Grad II Tumor handelt, - zu schön um wahr zu sein. Von einer Reha hielt der Neurochirurg nicht viel. Er meinte, ich würde mich da langweilen. Ich fragte mich natürlich schon, woher er diese Annahme hätte. Er kannte mich ja nicht, aber eigentlich wollte ich ja auch nicht ohne Familie 3 Wochen weg. Ich war ja "gesund".

Die  Entlassung nach Hause
Nach nur einer Woche durfte ich dann wieder nach Hause- mit der Auflage 3 Monate kein Auto zu fahren und MRT-Kontrolltermin am 05.10.11 .Ich war noch sehr verwirrt und zerstreut. Auch erfährt man viele Dinge hinterher, die man im Krankenhaus nicht mitbekommen hat, aber das ist bei Gehirn-OPs wohl normal (Schutz des Hirns, wie mir meine Psychologin später erklärte). Ich war nur froh, dass ich keine epileptischen Anfälle hatte und ich erwartetet auch keine oder andere körperlichen Ausfälle nach der OP mehr.  Ich war zufrieden, hatte meine beiden kleinen Mäuse zuhause und da wollte ich auch unbedingt wieder hin. Die mußten ohne ihre Mama eine ganze Woche auskommen. Ich wußte, das ich mich auf meinen Mann verlassen kann und er sich liebevoll um mich kümmert und aufpasst, dass ich mich schone. So war es auch. Am Anfang konnte ich nicht mal die Kinder ins Bett bringen, sondern musste mich hinlegen und warten, bis sie im Bad fertig waren. Aber es wurde von Tag zu Tag besser. Auch spazieren gehen musste ich wieder üben...Ich hatte öfter spirituelle Gefühle, wahrscheinlich ist das so, wenn einem klar ist, wie viel Glück im Unglück man hatte.


Fäden ziehen nach 10 Tagen: 
Ich hatte keine Schmerzen und die Ärztin riet mir gleich, mir einen Hut zu kaufen, dann würde ich auch noch ein schönes Erlebnis haben. Ich hätte mir ehrlich gesagt, nie einen Hut gekauft, aber es war wirklich ein Erlebnis! Am coolsten war die kleine Wunde am Kopf.  Alle waren erstaunt, wie fein die Narbe aussieht. Kaum einer, der mich nicht kennt, hätte etwas bemerkt. Ich ging endlich mal zum Friseur. Jetzt liegen die Haare auf der Narbe. Mein Hausarzt schrieb mich die ersten 4 Wochen krank und freute sich, dass ich schon so gut drauf war. Bei der nächsten Verlängerung um 4 Wochen hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Ich freute mich schon wieder aufs Autofahren und konnte es mir auch gut vorstellen, da mir nicht mehr so wirr im Kopf war. Ich war voller Zuversicht -auch auf Arbeit ließ ich mich blicken  und habe Leckerlies für die Kollegen hinterlegt, die mir so viele Genesungswünsche zukommen ließen. Seit der OP esse ich übrigens überhaupt keine Schokolade mehr- das wäre früher undenkbar für mich gewesen. Vielleicht war der Tumor an einer Stelle im Geschmacksnerv für erhöhten Schokoladenkonsum zuständig? Wenn man mit so einer Sache krank geschrieben ist, recherchiert  man viel im Internet über die Ursache von Hirntumoren, vorher brauchte man das ja nicht- das war ganz weit weg.